Die Macht der Bilder

Wie die Verfilmung unsere Rezeption vom Herrn der Ringe verändert hat

Kommentare von Diskussionsteilnehmer/innen

© Alle Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer, Hohensolms bei Gießen im Mai 2004

Zu Beginn der Diskussion hatte ich darum gebeten, in fünf Minuten spontan aufzuschreiben, was einer Jeden/ einem Jeden an Positivem und Negativem zu Jacksons Verfilmung einfällt.

Zu dem Zweck hatte ich Karteikarten ausgeteilt und deren Ergebnisse auch in den Text „Die Macht der Bilder“, von dem aus Du hierher gesprungen sein müsstest, eingearbeitet. Ich denke jedoch, dass die Aussagen unverfälscht durch meine interpretierende Brille nachzulesen sein müssen.

Deshalb findest Du hier die Originalaussagen (orthographische Fehler gehen auf meine Kappe), ohne inhaltliche Änderungen (außer denen in eckigen Klammern, die aber nur das Lesen erleichtern sollen), aber teilweise gekürzt.

Vielen Kommentaren stimme ich zu, einige Sachverhalte beurteile ich anders. Aufgeführt sind hier aber ausnahmslos all diese Sachverhalte und ich kommentiere sie auch nicht wiederum selbst. Ich kann hier nicht jeden Kommentar aufführen und habe deshalb auf redundante Aussagen verzichtet, denn beispielsweise die Punkte, dass die Verfilmung die Bücher einem breiteren Publikum aufschließt oder dass die Phantasie eingeschränkt zu werden droht, kamen jeweils mehr als zwanzig Mal vor.

Bleibt mir nur, allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Diskussion zu danken: Ich habe viel von euch gelernt!

(Frank Weinreich)


Zusätzlich zu der offenen Frage auf den Karteikarten hatte ich diesmal zwei Fragen zum Ankreuzen vorgegeben.

1. „Ich habe die Filme gesehen.“ Teil 1 Ja 0, Nein 0; Teil 2 Ja 0, Nein 0; Teil 3 Ja 0, Nein 0.
=> 100 Prozent der Teilnehmer/innen hatten alle drei Teile gesehen.

2. „Ich habe den Film gesehen, bevor ich die Bücher gelesen habe.“
=> Über 90 Prozent kannten die Bücher vor den Filmen.
Nun zu den schriftlichen Aussagen:

Pro Verfilmung

„Endlich jemand, der´s gemacht hat und er hat´s gut gemacht.“

„Tolle Geschichte – also warum nicht?“

„ Der Film ist eine eigenständige Interpretation, eine Zusammenfügung verschiedener Künste (Bild, Grafik, Musik auf hohem Niveau). Ich betrachte es als Erweiterung, nicht als Einschränkung!“

„[Das] ist in meinem Kopf noch vom Film getrennt.“

„Film (allgemein) ist das vollkommene Medium zum Geschichtenerzählen (in ‚bewegten‘ Bildern).“

„Faszinierend, Welten zu sehen, die vorher nur im Kopf existierten => machen die Lektüre (für mich) stärker auch zu einer visuellen Erfahrung.“

„Der Film ermöglicht mir in manchen Fällen erst, mir ein Bild zu machen.“

„[Die] Fantasie wird teilweise angeregt.“

„Film- und Buchbilder überlagern sich bei mir nicht, ich lese sie wie vor dem Film. [Ich sehe] zusätzliche Bilder aus dem Film. Man sieht mehr als man sich vorgestellt hat.“

„Kann die Phantasie durchaus auch positiv ergänzen und beflügeln.“

„Der Film regt im Gegenteil die Phantasie der Zuschauer an und bringt sie dazu, das Hobby noch mehr auszuleben.“

„Der Film hält sich an den Geist und die Atmosphäre der Bücher. V[or] a[llem] die Figurenzeichnung ist im Film meist besser.“

„[Die] Illustrationen [waren] eigentlich dasselbe => die bekanntesten Bilder tauchen wieder auf. Wiedererkennungswert.“

„Vor allem Landschaften bekommen ein Gesicht.“

„Durch die Filme wird der HdR einem neuen Publikum bekannt gemacht.“

„Es ist einfach genial, dass durch den Film auf das Buch aufmerksam gemacht wurde. Für [mich] spricht nichts dagegen.“

„Leichterer Zugang zum Stoff und es wird ein größeres / anderes Publikum erreicht.“

„Durch ‚Trivialisierung‘ [wird] die Angst der bisherigen Nichtleser vor dem Stoff genommen.“

„[Die Filme] bieten einen Einstieg nicht nur in Tolkien, sondern in Fantasy überhaupt.“

„Führt zum Teil zu völlig neuen Diskussionsthemen, inhaltlichen Interpretationen, Sichtweisen und regt zu einer Auseinandersetzung mit dem Werk aus einem mitunter neuen Ausgangspunkt an.“

„Ich denke häufiger über Hintergründe und Fragestellungen nach, lese auch ausgewählte Stellen nach.“

„Erleichtert den Zugang für Leseferne.“

„Figuren, mit denen man sich im Buch nicht so beschäftigt hat, werden tiefer, interessanter. Man sieht sie im Film und beschäftigt sich mit ihnen auch im Buch mehr.“

„Sorgfalt im Detail. Der Soundtrack von Howard Shore unterstützt die Geschichte sehr gut.“

„ALLE!! Schauspieler gut [be]setzt.“

„Frodo ist in Ordnung.“

Contra Verfilmung

„Der Film ist allerdings so bombastisch, dass die Gefahr besteht, dass das Buch verdrängt wird.“

„Menschen denken sich ‚Warum das Buch lesen, wenn es den Film gibt?‘ (nicht alle!!)“

„Bildgewaltig (Unwort der Jahre 2001 – 2003)“

„Völlige Kommerzialisierung“

„Hype-Entstehung“

„Marketinghype – Fans werden ausgenutzt (Sklaven des Merchandising)“

„Die jetzt schon Jahre dauernde Kommerzialisierung führt allerdings zu einer gewissen Übersättigung.“

„Großer Medienrummel verdirbt das Genre. Es verkommt zur Geldmaschine => Kommerzialisierung + Abzockerei.“

„Fans die dabei sind, weil´s grad ‚in‘ ist.“

„Bei Vielen verdrängen evtl. die Bilder aus dem Film die aus dem Buch.“

„Film verändert die eigene Vorstellung.“

„[Der Film] zerstört gewissermaßen die vorher vorhandenen persönlichen Bilder durch vorgegebene. [Die] Phantasie kann sich kaum entwickeln.“

„Die eigene Phantasie kommt zu kurz.“

„[Die] Filmgestaltung ‚brennt‘ sich als feste Assoziation ein.“

„Eigeninterpretationen des Themas sind im Moment sehr selten.“

„Verflachung (Kürzungen, Charakteränderungen)“

„[Man sieht] immer weniger eigene Kostüme, fast nur noch Filmkostüme oder ‚inspired by`-Kostüme.“

„[Bin] dagegen nicht prinzipiell, sondern speziell bzgl. Jackson: oft stark US- bzw. Splatterfilm, bzw. neuseeländischer Serienblickwinkel. Zu wenig Werktreue. Oft schlecht / lieblos / unlogisch gemacht.“

„Inhaltliche Fehler und medienbedingte Änderungen bzw. Kürzungen => Detailfülle und Ausführlichkeit leiden.“

„Der Film stellt Dinge falsch dar, die sich in den Köpfen der Menschen, die durch den Film Fan werden, festsetzen.“

„Verfälschung mancher Charaktere und Aspekte.“

„Die Hintergründe fehlen.“

„Der Film vermittelt nicht den Eindruck, zu einem größeren Gesamtwerk zu gehören.“

„Das Werk tritt in den Hintergrund.“

Verschiedenes

„Die Kunst ist frei.“

„Buch und Film sind für mich 2 völlig verschiedene Dinge. Ich stelle mir trotz des Filmes die Figuren immer noch so vor wie beim 1. Lesen vor 20 Jahren. Der Film ist gut, das Buch natürlich besser.“

„Aus meiner Sicht spricht nichts gegen die Verfilmung, sondern eher dagegen, sie ständig mit dem Werk zu vergleichen und an ihm zu messen; man muss beides für sich zu beurteilen verstehen, dann ist der Film eine Bereicherung, keine Schmälerung des Stoffes HdR.“

„Individuelle Kritikpunkte sind unvermeidbar.“

„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – aber: ein Bild kann auch sehr viel besser Lügen, betrügen, manipulieren.“

„Für Menschen mit eingeschränkter Phantasie.“

„Der Film wird das Buch als Medium verdrängen.“

„Man sollte den Film nicht als Angriff auf das Buch von Tolkien sehen, sondern vielleicht als Fan-Fiction, wenn auch als sehr große …“

„[Es ist jetzt] viel mehr Fantasymaterial auf dem Markt.“

„Ich habe viel mehr Menschen zum Diskutieren.“

„Überflutung der Communities.“