Nach meiner Überzeugung [hat] die besondere
Persönlichkeit des Autors gerade diejenigen Züge
seines Werkes geprägt, auf denen seine Beliebtheit beruht.
Dieter Petzold: Tolkien. Leben und Werk.


 

J.R.R. Tolkien
Eine kurze, annotierte Biographie.

© Frank Weinreich

Vorüberlegungen

Eine Biographie zu verfassen, ist immer ein schwieriges Unterfangen, denn woher will man wissen, dass der Außenblick dem oder der Porträtierten auch einigermaßen gerecht wird? Das gelingt ja oftmals (absichtlich wie unabsichtlich) selbst denen nicht, die in einer Autobiographie von ihrem eigenen Leben berichten.

Wieviel vermessener muss es dann erst sein, biographische Informationen zusammenstellen zu wollen, die bewusst interpretatorisch angelegt sind, um das Leben des porträtierten nicht nur zu referieren, sondern auch zu deuten. Also Informationen liefern zu wollen, die nicht nur Fakten über das zu erzählende Leben in den Mittelpunkt stellen, sondern die Bedeutung dieser Fakten für eine Person im Hinblick auf ihr Leben und Tun darzulegen. Trotzdem ist genau dies die Absicht dieser Arbeit – seid also vorgewarnt.

Und damit befinde ich mich auch ihn ganz guter Gesellschaft, denn die meisten der Biographien1, die über Tolkien geschrieben wurden, gehen ebenfalls interpretatorisch vor und versuchen, den Erfolg des literarischen Werkes über einzelne Aspekte der Persönlichkeit Tolkiens und über bestimmte Erlebnisse und Erfahrungen zu erklären. Da gibt es Ansätze, die Autor und Werk aus seiner Religiosität zu erklären versuchen, wie etwa Joseph Pearces Tolkien: Man and Myth (Pearce 1998). Es gibt biographische Ansätze, die sich auf einen Teil des Lebens beziehen wie John Garths Tolkien and the Great War (Garth 2003), das die Bedeutung der Fronterlebnisse des Professors detailliert ausleuchtet und sie in ihrer Bedeutung für das Werk besonders hervorhebt. Es gibt eine Reihe interessanter Publikationen, die, aus der sprachwissenschaftlichen Sicht kommend, zunächst gar nicht als Biographie angelegt sind, dann diese Profession aber, die ja auch Tolkiens Beruf und Berufung war, doch reichlich mit biographischen Daten verknüpft, wie beispielsweise die Bücher Tom Shippeys Bücher The Road to Middle-earth und Author of the Century (Shippey 2001 u. 2003). Und das sind nur Beispiele für gelungene Beschreibungen – ähnlich Ausgerichtetes gibt es in sehr viel schlechterer Qualität noch zuhauf.

Ich versuche in diesem Aufsatz jedoch, mich einer Steuerung der Interpretation in eine bestimmte Richtung möglichst zu enthalten und werde im Folgenden anhand der objektiven Lebensdaten Tolkiens auf mögliche Bedeutungen dieser Fakten für Mann und Werk hinweisen sofern sie in der Literatur erwähnt sind oder sich dem gesunden (und vielleicht ein wenig psychologisch geschulten) Menschenverstand aufdrängen.2 An den entsprechenden Stellen ist dann weiterführende Literatur angegeben, die den entsprechenden Aspekt genau beleuchtet, so dass Sie ganz entsprechend Ihrer eigenen Interessen da weiterlesen können, wo Sie von einem Hinweis besonders überzeugt wurden oder auf andere Art Ihr Interesse geweckt wurde. Doch genug der Vorreden … lernen Sie J.R.R. Tolkien besser kennen.

Büste Tolkiens, angefertigt von seiner Schwiegertochter,
Bilder dieser Seite mit freundlicher Genehmigung
von Astrid Paul, (www.rowanfair.de).

Der Verlust von Eltern und Idyll

John Ronald Reuel Tolkien wurde am 3. Januar 1892 als Sohn des leitenden Bankangestellten Arthur Reuel Tolkien und seiner Frau Mabel (geb. Suffield) als erster von zwei Söhnen geboren. Das war in Bloemfontein, in Südafrika, in das die Eltern ausgewandert waren, weil der Vater eine Stellung bei der Bank of Africa angenommen hatte.3 Übrigens war der Rufname nicht der erste seiner Vornamen, den er nach seinem Großvater erhalten hatte, sondern der zweite: Ronald. Zwei Jahre später kam im Februar 1894 Ronalds Bruder Hilary Arthur Reuel auf die Welt.

Ronald bekam das relativ heiße südafrikanische Klima jedoch von Anfang an schlecht. Kurz vor seinem dritten Geburtstag war die Mutter gezwungen, mit ihm und Hilary nach England zurückzugehen. Der Vater sollte sobald als möglich nachkommen, doch dazu kam es nicht mehr, da er im Februar 1986 an den Folgen einer Infektion verstarb. Ronald hatte seinen Vater das letzte mal im Alter von zweidreiviertel Jahren gesehen und behielt so gut wie keine bewusste Erinnerung an ihn.

In England lebte zwar noch Ronalds Großvater väterlicherseits, doch dieser starb ein halbes Jahr nach seinem Sohn und die Verbindung zur Tolkienschen Seite der Familie riss ab. Aber auch von den Suffields hatte Tolkien nicht viel, denn seine Mutter trat 1900 zum Katholizismus über und brach darüber mit ihrer Familie, die diesen Schritt nicht tolerierte. Das hatte zur Folge, dass Tolkien als Familie praktisch nur noch seinen Bruder und seine Mutter hatte. Es hatte auch materielle Folgen, denn Tolkiens Mutter Mabel verfügte nur über ein äußerst bescheidenes Einkommen aus der Hinterlassenschaft ihres Mannes. Mit finanzieller Unterstützung eines Onkels war es ihr aber gelungen, ein kleines Haus in Sarehole, südlich von Birmingham zu unterhalten, dass ländlich in einer sehr idyllischen Gegend gelegen war, die der junge Ronald in der prägenden Phase vom fünften bis zum achten Lebensjahr lieben lernte. Diese Haus war nach dem Bruch mit den restlichen Suffields nicht mehr zu halten und Mabel musste mit ihren Söhnen nach Birmingham umsiedeln. Der Umzug aus der ländlichen Idylle Warwickshires in die große Industriestadt war ein schwerer Schlag für Ronald. Vier Jahre später, im Alter von zwölf Jahren, folgte dem ein weiterer Hieb, denn im November 1904 starb seine Mutter an Diabetes – Ronald und Hilary standen fast allein.

Bis Tolkien also an der Schwelle zur Pubertät stand, hatte er drei Schicksalsschläge einstecken müssen, die in ihrer Schwere kaum überschätzt werden können, über deren genaue Folgen man aber nur spekulieren kann. Er verlor einen Vater, den er kaum gekannt hatte, der aber sehr liebevoll mit ihm umgegangen sein muss (Carpenter 1979, 22 – 27), was sicherlich Spuren in der frühkindlichen Psyche hinterlassen hat. Er verliert seine Mutter, die auch auf Grund des Bruches mit der Familie besonders eng mit ihm und Hilary verbunden war. Und er erlebt und verliert das Idyll des mittelenglischen Landlebens. Ein viertes Ereignis großer Tragweite ist die Konversion zum Katholizismus, dem Tolkien Zeit seines Lebens als überzeugter und tief gläubiger Christ verbunden bleibt.

Wie muss man das nun in Hinsicht auf die Mittelerdedichtung einschätzen? Es liegt mir fern, an dieser Stelle über allgemeine Folgen von Verlusterfahrungen im Rahmen der kindlichen Entwicklung dilettieren zu wollen. Aber eines scheint doch sicher: was es auch war, er schafft es! Tolkien führt in den nächsten 70 Jahren ein gelungenes Leben. Er driftet nicht in die Verwahrlosung ab, wird kein Verbrecher und vergiftet sich nicht mit Alkohol und Drogen. Er kommt also ganz gut mit seinen Erfahrungen klar und ich denke, dass er sie ins Positive wendet, indem er die schönen Seiten seiner kurzen Biographie festhält und in Wunschbilder und Utopien verwandelt, an denen er sich aufrichten kann. Dies schlägt sich im Werk dann in den Idyllen und Idealisierungen Mittelerdes nieder:

– Sarehole und Warwickshire werden sicherlich in Form der Landschaft des Auenlandes abgebildet, die Tolkien ganz bewusst den bäuerlich bewirtschafteten Gegenden Mittelenglands und der Dalelandsnachgebildet hat; auch wenn man das Auenland nicht als Garten Eden interpretieren kann wie es etwa Robley Evans tut (Evans 1972, 102). Tolkien selbst sagte in einem Briefentwurf: „Es gibt keine ausdrücklichen Bezüge zu England im Auenland – außer natürlich der Tatsache, dass ich als Engländer in einem nahezu ländlichen Dorf in Warwickshire aufwuchs […] und meine Ideen, wie jeder Autor, aus dem Leben entlehne, das ich kenne“ (Carpenter 2000, 235).4 Man achte hier auf die bezeichnende Falschaussage, dass er in Warwickshire „aufwuchs“ („brought up“) aufwuchs. Man kann die vier Jahre vom Sommer 1896 bis zum Sommer 1900 schwerlich als aufwachsen bezeichnen, weil er damit acht ebenso wichtige Kindheitsjahre in der Stadt verschweigt oder – und das halte ich für wahrscheinlicher – dass er diese Jahre verdrängt und vom Glanz der Erinnerung an Warwickshire komplett überstrahlen lässt.

– Neben ihrer Schönheit erlebte Tolkien in Sarehole aber auch das Geheimnisvolle der Natur etwa in Form einer wundersam wirkenden Mühle und geheimnisvoller, verwunschener kleiner Weiher, Bäche und eines Miniwasserfalls, an denen zu spielen sogar ein erregendes Gefahrenmoment enthielt, wie sich Tolkiens Bruder Hilary noch achtzig Jahre später erinnerte (Carpenter 1979, 32). Das ist nichts Besonderes? Vielleicht – aber er spielte als 6-Jähriger dort und wurde dieser Gegend durch einen Umzug entrissen, der wie ein gewaltsamer Eingriff auf ihn gewirkt hat, ihn direkt in einen modernen Stadtmoloch brachte (so muss er es als Kind gemäß der Schilderung Carpenters zumindest empfunden haben, wenn Birmingham auch nicht mit einer echten molochartigen Metropole wie Kairo oder Kalkutta verglichen werden kann) und damit in eine Moderne, von der er später einmal sagen wird: „So ist das moderne Leben – Mordor in unserer Mitte“ (Carpenter 2000, 165).5 Aber die Erlebnisse in Sarehole, die Weiher und Bäche, die werden in Lothlorien, im Alten Wald und zu Füßen des Nebelgebirges dann zu Flüssen, die eine wichtige Rolle im HdR spielen und wer weiß schon, ob in der Gegend des Dorfes nicht heute noch ein alter Weidenmann an einem der Bachufer steht und Kinder ängstigt.

– Die Kindheitserlebnisse in Warwickshire und der Kontrast mit Birmingham dürften überhaupt den Grundstein für Tolkiens oft beschriebene Modernitäts- und Technikfeindlichkeit gelegt haben. Technik war für Tolkien immer auch Industrie und Mechanisierung und das war etwas was er als inhuman ablehnte. Diese Überzeugung fand direkten Eingang in Mittelerde, wo eine naturverbundene Lebensweise in Form der Ästhetik der Elben und der Erdverbundenheit der Hobbits gleich doppelt verklärt wird. Das Böse wiederum dreht sich zwar immer um das Motiv der Unterdrückung, die Verabscheuungswürdigkeit des Bösen wird aber auch immer durch Technikeinsatz illustriert. Die drei wichtigsten Vertreter des Bösen in Mittelerde, Morgoth, Sauron und Saruman, verfügen alle über Laboratorien und Werkstätten. Alle drei verschmutzen die Umwelt und korrumpieren die Schöpfung durch die Züchtung von Ungeheuern. Baumbart sagt an einer Stelle bezeichnend über Saruman, er habe einen Verstand aus Metall und Rädern und kümmere sich nicht um lebende Dinge (TT, 90).6 Einen kleinen aber charakteristischen Zusammenprall zeigt dann das Kapitel von der Säuberung des Auenlandes, nachdem die großen Ereignisse des Ringkrieges längst Geschichte sind. Hier wird die Idylle des Auenlandes nicht mehr von übermenschlichem Bösen bedroht, sondern von dumpfer Kleingeistigkeit, die droht, die Wurzeln der Schönheit des Auenlandes, also Landschaft und Sozialleben zu zerstören.

– Liebe und familiäre Nähe, die Tolkien nur im Kreis der Kleinstfamilie mit Mutter und Bruder erlebt hat, finden ihren Ausdruck gerade in der von Wärme und Zuneigung geprägten Sozialstruktur des Auenlandes, deren Bewohner manchmal wie eine große Familie wirken und ja auch tatsächlich durch vielfältige verwandtschaftliche Bande quer durch die Viertel miteinander in Beziehung stehen. Überhaupt war Tolkien Zeit seines Lebens ein sehr geselliger Mensch, der neben seiner Familie, der er anscheinend ein sehr liebevoller Vater war, auch einen großen Freundeskreis unterhielt, dem er viel Zeit und Energien widmete. Die gleiche große Rolle spielt die Freundschaft im Hobbit und dem HdR.

– Den frühen Tod der Eltern scheint Tolkien in seiner Mittelerdedichtung nicht direkt aufzuarbeiten. Es gibt zwar eine Reihe von Vater-Sohn-Beziehungen, deren auffälligste die Dreiecksbeziehung von Boromir und Faramir zu ihrem Vater Denethor ist, doch kann man dieses problematische Verhältnis meiner Meinung nach nicht mit Tolkiens persönlichen Erlebnissen in Beziehung bringen. Es gibt allerdings, wie im Rahmen der Arbeit über die Entstehung von Mittelerde schon erwähnt, starke Vater-Sohn Beziehungen in den beiden Zeitreisegeschichten The Lost Road und The Notion Club Papers, bei denen Vaterfiguren den Protagonisten als Führer und Mentoren dienen (vgl. Flieger 1997) – eine Vaterfunktion die Tolkien in seinem Leben schmerzlich vermisst haben dürfte und auf die er bei seinen eigenen Kindern großen Wert legte.

Jugendjahre: Freundschaft, Liebe, Krieg und ein neuer Vater

Freundschaft und Liebe sind auch die zwei der nächsten wichtigen Erfahrungen in Tolkiens Leben. Es erwachsen Freundschaften zu Jungs und jungen Männern, mit denen er den ersten der Clubs gründet, die eine große Rolle in seinem Leben spielen werden. Und er lernt Edith Bratt kennen, die spätere Mrs. Tolkien.

Zunächst ist jedoch das Leben als Waise zu ordnen. Mabel hatte in Birmingham in Father Francis Morgan, einem katholischen Gemeindepfarrer, einen spirituellen Anker und guten Freund gefunden, den auch die Kinder akzeptierten. Father Morgan übernahm es dann, sich nach dem Tod der Mutter um die Jungs zu kümmern. Sie fanden zwar ein Zuhause bei einer entfernter verwandten Tante mütterlicherseits, die entscheidende Rolle in Erziehungs- und Bildungsfragen und besonders für die Entwicklung des religiösen Bewusstseins von Ronald übernahm jedoch der Geistliche, der für den jungen Tolkien zu einer Vaterfigur geworden war. (Nein – auch die Beziehung zu Father Morgan gibt keinen Anlass, in dessen Stellenwert für den jungen Tolkien nach Spuren Denethors zu suchen;-)). Father Morgan wurde zum Vormund für Ronald und Hilary und bestimmte, wo die Jungs wohnten, wo sie zur Schule gingen … und er stand Ronalds Liebesglück jahrelang beharrlich im Weg.

Ronald und Hilary wurden im Haus ihrer Tante Beatrice nicht glücklich. Das entging auch Father Morgan nicht, der sich nach einem neuen Zuhause für sie umsah und eines bei einer wohl situierten Dame in seiner Gemeinde fand. Hilary war 14 und Ronald 16 Jahre alt, als die beiden erneut umzogen. In diesem Hause lebte ein weiterer Pensionsgast, ein neunzehnjähriges Mädchen, das ebenfalls – im Alter von vierzehn Jahren – Waise geworden war. Es dauerte nicht lange und Ronald und Edith verliebten sich in einander. Father Morgan war dagegen, da er der Meinung war, dass der junge Tolkien sich zunächst auf seine Ausbildung konzentrieren solle – und in der Tat stand die Aufnahmeprüfung für ein Oxfordstipendium an, die Ronald auch gleich versemmelte. Da die beiden nicht voneinander lassen wollten, bestand Father Morgan als Tolkiens Vormund darauf, dass sie sich bis zu Ronalds Volljährigkeit mit 21 Jahren nicht mehr sehen dürften. Tolkien kannte das Problem des Aufeinanderwartenmüssens von Liebenden und das Problem der Ablehnung einer Verbindung wie sie etwa Aragorn und Arwen oder Beren und Luthien erleben also aus eigener Hand. Allerdings hat diese Tatsache meiner Auffassung nach eher anekdotischen Charakter, da dem Problem der verhinderten Liebe keine zentrale Bedeutung in der Mittelerdedichtung zukommt, auch wenn sich in ihr eine romantische Ader ausdrückt, die in Tolkien angelegt gewesen sein muss. Die Tolkiens heirateten 1916 kurz bevor Ronald in den Krieg ziehen musste. Sie bekamen drei Söhne, John Francis (*1917), Michael Arthur (1920 – 1984) und Christopher (*1924), sowie eine Tochter, Priscilla (*1929). Sie führten anscheinend eine recht harmonische Ehe, die mit dem Hinweis darauf, dass auf den Grabsteinen der Eheleute später die Namen Luthien und Beren eingraviert werden sollten, jedoch eine Überhöhung erfährt, die so wohl etwas übertrieben war.

Stärkeren Einfluss auf das Werk dürften die Freundschaften Tolkiens und die Umstände, unter denen er die wichtigsten von ihnen pflegte, gehabt haben: die literarischen Clubs, denen unser Autor angehörte. Ich gehe nur auf die beiden wichtigsten ein: den TCBS und die Inklings. Beides waren Clubs, die neben dem geselligen Beisammensein – Tolkien war ein humorvoller Mensch, der auch gutem Essen und alkoholischen Getränken nie abgeneigt war – im Wesentlichen dem Austausch über Literatur und vor allem dem Austausch über die literarische Arbeit ihrer Mitglieder dienten. Die Clubs waren eher kleine Kreise von Personen – der TCBS umfasste gerade mal vier Menschen, die Inklings waren etwas größer, dauerhaft gehörten ihm aber auch nur vier bis fünf Mitglieder an. Man kannte sich sehr gut und bildete sozusagen eine verschworene Gemeinschaft Gleichgesinnter – eine Konstellation, die sofort an die Gefährten der Ringgemeinschaft und an Bilbos Abenteurergruppe aus dem Hobbit denken lässt. Tolkien zog Halt und Stärke für seine literarische Arbeit aus diesen Gruppierungen und Petzold trifft einen wichtigen Punkt, wenn er die Vermutung äußert, „daß in diesem Umstand einer der Gründe für die Popularität der Geschichten Tolkiens bei jungen Leuten liegt“, denn es ist oftmals „die Gruppe Gleichaltriger, die dem heranwachsenden jungen Menschen Geborgenheit und Bestätigung bietet“ (Petzold 2005, 16) Der pastorale Ton Petzolds verdeckt etwas, dass er damit recht genau die Bedeutung von peer groups für die persönliche Entwicklung trifft.

Zum TCBS. Die Abkürzung steht für Tea Club Barrovian Society, ein Name, der dem Umstand entsprang, dass sich Tolkien mit seinen drei Freunden nach der Schule meist in der Teestube des Kaufhauses Barrow zu langen Diskussionen über Schule, Gott und die Welt, vor allem aber über Literatur traf. Seit der Gründung des TCBS 1910 wurden Robert Q. Gilson, Geoffrey B. Smith, Christopher Wiseman und Tolkien zu engsten Freunden, die alle Erfahrungen des Aufwachsens, der Ausbildung und ihre Träume und Lebensentwürfe miteinander teilten. 1916 waren Gilson und Smith gefallen, der TCBS tot und Tolkien hatte weitere prägende Schicksalsschläge erlitten.

Neben dem Verlust der beiden Freunde, die er sehr geliebt haben muss, war besonders die Erfahrung des Krieges eine harte Prüfung. Tolkien machte den Grabenkrieg an der Somme im Sommer und Herbst 1916 mit und das ist eine Erfahrung, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann. Der erste Weltkrieg war einzigartig und er war für die Soldaten einzigartig furchtbar. Vorhergehende Kriege waren von Bewegung, von Angriff und Rückzug und langen Ruhezeiten bestimmt. Nachfolgende Kriege von der Durchschlagskraft gewaltiger Waffen, die Frontverläufe in Minuten umwerfen und die Soldaten täglich vor vollkommen neue Situationen stellen. Dieser Krieg war anders. In Frankreich lagen sich nahezu den ganzen Ersten Weltkrieg, annähernd vier Jahre lang, die deutschen sowie die französischen und britischen Truppen gegenüber.

Monate vergingen ohne nennenswerte Truppenbewegungen und Tag für Tag und Nacht für Nacht hämmerte Artillerie- und Maschinengewehrfeuer in die nassen, lehmigen Gräben, die in eine völlig leblose Mondlandschaft gegraben worden waren. Man stelle sich nur die Landschaft vor: vollkommen durchpflügt von Geschossen und Explosionen bestand sie aus nichts anderem als nassen Kratern ohne das geringste Zeichen von Leben. Monatelang saßen die Männer in der Kälte, schliefen nur minutenweise, waren durchnässt und sahen ihre Nebenleute an Kugeln und an Krankheiten sterben. Man kann wohl mit Sicherheit annehmen, dass Mordor hier seine Wurzeln hat. Die Werkstätten Barad-dûrs und Isengards sind vielleicht der Erfahrung der Industrialisierung und Mechanisierung entlehnt, aber die Landschaft um den Schicksalsberg, durch die sich Frodo und Sam schleppen, die lag 1914 – 1918 in Frankreich. Tolkien wurde krank, nicht todkrank, nicht dramatisch krank, aber schwer krank.

Er entkam dem Krieg nach sechs Monaten und wurde in englische Krankenhäuser gebracht. Die Rekonvaleszenz dauerte mehr als ein Jahr bis Ende 1917. In den Krieg brauchte er nun nicht mehr zu ziehen und er erlebte ihn 23 Jahre später nur noch einmal aus der Sicht des Vaters, der seine Söhne in den Krieg ziehen lassen muss – beide kamen glücklicherweise unversehrt wieder zurück.

Beruf und Berufung

In dem Jahr in Lazaretten und Krankenhäusern hatte Tolkien viel Zeit und er hatte viel zu verarbeiten. Die Freunde des TCBS hatten sich jahrelang ihre Träume und Vorhaben erzählt und auch Tolkien hatte die ersten Ideen für eine großartige Mythologie in diesem Kreis vorgetragen. G.B. Smith hatte ebenfalls große literarische Pläne und Ideen.

Er schrieb wenige Tage vor seinem Tod an Tolkien die Worte „wenn ich heute nacht drauf gehen sollte […] sage Du, was ich sagen wollte, lange nachdem ich nicht mehr da bin“ (Carpenter 1979, 104f.). Vielleicht gaben ihm diese warnenden Worte, dieser Hinweis darauf, wie schnell alles vorbei sein kann, den Anstoß, ein Werk zu beginnen, das ihn bis zu seinem Tod 56 Jahre später nicht mehr loslassen würde. Tolkien begann die Arbeit am Silmarillion.

Unglücklicherweise konnte er davon natürlich nicht leben. Doch im zweiten Anlauf hatte er 1910 die Aufnahmeprüfung für Oxford geschafft, und hatte ein Studium der Philologie und Anglistik begonnen, das er 1914 mit besten Noten abgeschlossen hatte. Einer universitären Karriere stand damit nichts im Weg und es musste ja nun auch etwas geschehen, da Tolkien seit dem 21. November 1917 eine Familie zu ernähren hatte. Bis Kriegsende ist er zwar noch Soldat und die Einkünfte sind auf bescheidenem Niveau gesichert, aber mit Kriegsende muss etwas Neues beginnen. Tolkien arbeitet zunächst als Privatlehrer und wird dann Dozent für Sprachwissenschaft an der Universität von Leeds. 1925 ging er dann als ordentlicher Professor nach Oxford und bei Carpenter findet sich der freche Satz „dann […] geschah eigentlich nichts mehr“ (Carpenter 1979, 133). Was für ein Glück, dass das so nicht ganz stimmt …

Aber in Bezug auf die berufliche Entwicklung ist es nicht so ganz falsch. Tolkien wechselte zwar noch den Lehrstuhl, aber er blieb bis zu seiner Emeritierung 1959 in Oxford. Was durch bloße Eckdaten jedoch verschwiegen wird, ist die Berufung, die hinter dem Beruf steckt – die Berufung, sein gesamtes intellektuelles Leben der Sprache zu verschreiben. Tolkien hatte nicht nur ein bemerkenswertes Talent, Sprachen zu sprechen, er lebte innerhalb der Sprache, wie C.S. Lewis bemerkt (zit. n. Carpenter 1979, 157). Tolkien erfasste intuitiv die Struktur von Sprachen, er hatte ein reiches Wissen über Sprachgeschichte und durchschaute in der Regel sofort woher ein Wort kam, welche Geschichte und welche Bedeutungen es mit sich brachte und konnte dies seinen Studentinnen und Studenten auch vermitteln. Er war ein guter Universitätslehrer und ein bedeutender Wissenschaftler, dessen zentrale Forschungsarbeit, eine Analyse des Beowulfgedichtes, das von enormer Wichtigkeit für die Anglistik ist, noch heute das Standardwerk der Forschung darstellt (Tolkien 2002).

Dieses enge und intuitive Verhältnis zu Sprachen, das sich durch intensivste Studien nicht erlernen lässt, sondern irgendwie in die Wiege gelegt sein muss, geht weit über die normale berufliche Beschäftigung hinaus und man kann in diesem Fall wirklich von einer Berufung sprechen. Von einer Berufung, der auch Mittelerde zu verdanken ist, wie ich hoffentlich gestern erläutern konnte. Deshalb soll an dieser Stelle auch gar nicht weiter auf das Verhältnis von Philologie und Fiktion eingegangen werden.

Und in Oxford war es auch, dass er eine weitere Gruppierung fand, die eine ähnliche Bedeutung bekommen sollte wie der TCBS – das waren die Inklings, deutsch „Tintenlinge“, eine Gruppe, die ihrerseits „Literaturgeschichte“ schrieb (Carpenter 1979, 172). Die Inklings waren eine an den Rändern lose Gruppierung von Männern verschiedenster Profession, die das Interesse an Literatur verband, mit einem harten Kern von auch als Schriftstellern arbeitenden Männern. Tolkien gehörte zu diesem harten Kern aber auch C.S Lewis und Charles Williams, selber Autoren von nicht geringem Bekanntheitsgrad. In den Inklings fand Tolkien eine Gruppe, die der phantastischen Welt Mittelerde und ihren Ursprüngen in Sagen und Mythologien offen gegenüberstand, eine Gruppe kundiger Männer, an denen er seine Ideen ausprobieren konnte. Insofern haben die Inklings eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für Mittelerde, die sich allerdings nicht in originellen Beiträgen bemessen lässt, die aber ein wichtiges Korrektiv darstellte.

Die Biographie ist zwar in Oxford nun erst im Jahre 1925 angekommen, aber ich will sie damit eigentlich schon abbrechen, denn die für das Werkverständnis bedeutsamen biographischen Daten sind damit eigentlich genannt. Zwar fehlt noch die Erwähnung von zweitem Weltkrieg, von deutschem Nationalsozialismus und Stalinismus, die mit der Emergenz des Totalitarismus eventuell einen Einfluss auf die Darstellung des Bösen, insbesondere des Einen Ringes hatte, doch scheint mir der christliche Glaube Tolkiens in diesem Zusammenhang wichtiger und auf den gehe ich unten noch separat ein.

Deshalb die restliche Biographie nur der Vollständigkeit halber im Schnelldurchlauf: wissenschaftlich erarbeitet Tolkien sich eine beachtliche Reputation, veröffentlicht jedoch ab dem Erscheinen des Hobbit nichts Bahnbrechendes mehr. Der Erfolg der fiktionalen Schriften geht einher mit dem Ende wichtiger wissenschaftlicher Publikationen. Warum das so ist? Ich weiß es nicht, nehme ab er an, dass die Schaffenskraft mit der Arbeit am HdR für die kreative fachliche Arbeit nicht mehr hinreichte. Der Hobbit erscheint 1937 und wird ein beachtlicher Erfolg, ohne jedoch die Resonanz hervorzurufen, die der HdR bewirken wird. Der erscheint in den Jahren 1954 und 1955 und trifft sofort in der Kritik auf begeisterte Annahme oder erbitterte Ablehnung. Das Publikum goutiert die Bücher in Form erfreulicher Verkaufszahlen, aber ein Kult ist noch nicht zu erkennen. Mittlerweile scheidet Tolkien 1959 aus der Universität aus und konzentriert sich auf die Arbeit am S, wird dabei aber in zunehmendem Maße durch die Leserschaft des HdR gestört. Die vervielfachte sich nämlich in den Sechziger Jahren als eine zunächst unautorisierte amerikanische Ausgabe des HdR ein Millionenpublikum erreichte. Die Trilogie wurde zu einem „kulturellen Phänomen“ (Rosebury2003), das sich in Slogans wie „Gandalf for President“ im Rahmen des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfes noch lange nicht erschöpfte. Die ersten Aufwallungen des Kultes und die Andeutung, dass der HdR eines der meist gelesenen Bücher aller Zeiten werden sollte, hat Tolkien noch mitbekommen. Ob es ihm wichtig war? Wer kann das sagen? Er hat die Ehrungen der letzten Jahre wenigstens teilweise auch genossen (Carpenter 1979, 287), doch es ist auch zu vermuten, dass er die Rolle als einer Art von “Bob Dylan der Prosaerzählung” auch eher als “peinlich” empfunden haben mag (so Lin Carter über Tolkiens späten Ruhm; Carter 1973, 120f.). Wichtiger wäre ihm aber sicherlich gewesen, die Arbeit an der Geschichte seiner Welt abzuschließen, doch dazu kam es nicht mehr bis er am 2. September 1973 in Bournemouth, in 131 Kilometer Entfernung von Drewsteignton, starb.

Für das Verständnis des Werks sind aber noch zwei Einflussfaktoren wichtig, die alles andere überlagern und die ich aus der biographischen Chronologie herausnehme, weil sie das ganze Leben Tolkiens durchziehen:

Der Geist des Nordens und der Katholizismus – zeitlose Lieben

Die Bedeutung seines Glaubens, des christlichen Glaubens römisch-katholischer Prägung durchzieht die Mittelerdedichtung auf allen Ebenen. Der Schöpfungsmythos des S ist nahezu deckungsgleich mit dem des Christentums: ein allmächtiger Gott erschafft die Welt, schenkt ihr und den in ihr lebenden Personen die Freiheit und gibt doch die Sicherheit, alles zu einem erlösenden Ende kommen zu lassen, dass der Existenz den Sinn in und mit Gott zu sein wiedergibt (vgl. die Ainulindale). Die einzelnen Geschichten Mittelerdes sind durchzogen von christlichen Motiven. Das Grundübel, das im Bösen den Wunsch nach Macht und der Unterdrückung anderer erweckt, ist das der Selbstüberhöhung – die christliche Todsünde der Hybris. Böses entsteht immer dadurch, dass Personen ihren Platz in der Schöpfung auf Kosten anderer vergrößern wollen: Morgoth auf Kosten der anderen Valar, Sauron auf Kosten der Elben, Saruman auf Kosten der anderen Istari, Denethor auf Kosten Aragorns, Thorin Eichenschild auf Kosten der befreundeten Nachbarvölker und Lotho Sackheim-Beutlin auf Kosten aller anderen Hobbits – das Motiv zieht sich von oben bis ganz nach unten durch. Im HdR ist ein weiteres christliches Motiv, fast schon als Kontrapunkt zur Hybris ebenso allgegenwärtig, das der Gnade. Frodo, die Person, die in der Trilogie am meisten zu leiden hat, vergibt seinen Schuldigen wie auch wir unseren Schuldnern vergeben sollten. Und der Gnadenerweis wird auf das Höchste belohnt, denn in dem Moment als alles verloren ist, als Frodo verkündet, dass er den Ring doch nicht vernichten wird, zahlt sich aus, dass er Gollum so oft verschonte und in Schutz nahm.

Doch dies ist nur eine Seite der Überzeugungen Tolkiens. Denn da ist noch die Faszination der nordischen Sagas und der in ihnen überlieferten Weltsicht, die einen nahezu ebenso starken Niederschlag in Mittelerde findet. Es ist nicht ganz leicht, zu definieren, was diese nordische Weltsicht, den northern spirit, wie Thomas Honegger es nennt, ausmacht. Aber es lässt sich illustrieren: am besten vielleicht an Ragnarök, der Weltuntergangsphantasie der Edda, der wichtigsten der nordischen Sagas. Am Ende der Zeit, so überliefert es die Edda, wird es zu einem apokalyptischen Gefecht kommen, in dem die Götter selbst vernichtet werden und alles Sein untergeht. Den northern spirit macht nun aus, dass er den Menschen auffordert, trotz des Wissens um die Vergeblichkeit des Kampfes nicht aufzugeben und seine Rolle im kosmischen Drama des Untergangs anzunehmen. Dieser Gedanke berührte Tolkien auf das Tiefste und floss in Mittelerde ein. Wohl weniger in in den HdR, obwohl die Haltung der Reiter von Rohan nach dem Tod König Theodens auf dem Pelennor genau diese Einstellung widerspiegelt. Als Éomer und seine Männer die Segel der Korsaren von Umbar sehen und davon ausgehen müssen dass die Schlacht sicher verloren ist, da stehen sie ohne jegliches Zagen zum vermeintlich letzten Gefecht zusammen. Im S findet sich das Motiv sehr viel häufiger – dort kommt es immer wieder zu letzten Gefechten und heroischen Taten angesichts hoffnungsloser Situationen. Und wie in der Edda und im Gegensatz zum HdR kommt es im S auch nicht zu wundersamen Errettungen, diese Helden sterben alle.

Das Silmarillion ist aber nun die zu Lebzeiten unveröffentlichte Arbeit, die sich bis zu Tolkiens Tod in der Weiterentwicklung befand, während der Hobbit und der HdR in dem Wortlaut erschienen sind, den der Autor zur Veröffentlichung vorsah. Was heißt das für den Gegensatz von northern spirit und christlich-eschatologischer Überzeugung? Vielleicht – und ich kann mich darin auch täuschen, glaube das aber eigentlich nicht – vielleicht ist das ein Hinweis darauf, dass die christliche Überzeugung zwar die prosaischere ist, aber doch diejenige, die Tolkien vor allem anderen vertrat. Im HdR siegen die christlichen Werte über die nordische Schicksalsergebenheit, die Gnade Frodos erweist sich für die Welt als ungleich wichtiger als die letzte tapfere Geste der freien Völker vor dem Schwarzen Tor.7

Es war gar nicht so ein ereignisreiches Leben, das Tolkien führte. Sicher erlebte er einschneidende und sehr frühe Verluste, er war im Krieg. Er erfuhr eine das Leben lang anhaltende Liebe, er hatte vertraute Freunde und Kinder. Aber das ist alles nicht so ganz ungewöhnlich für einen Menschen seiner Generation. Doch unter dieser Oberfläche des ganz normalen Lebens (zumindest bis Anfang der Sechziger Jahre) befand sich eine heterogene Tiefe aus Erfahrungen, Bildung und Überzeugungen, die es diesem einen Menschen ermöglichte, eine der schönsten, der gehaltvollsten und – ja auch das – eine der wichtigsten Geschichten der Literaturgeschichte zu verfassen.

Hier noch ergänzend eine gute Doku von ARTE über das Leben des J.R. Tolkien

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1 Das gilt weitgehend mit Ausnahme der Standardbiographie von Humphrey Carpenter, J.R.R. Tolkien. Eine Biographie, der einzigen, die mit voller Unterstützung der Familie und dadurch unter Zugriff auf alle verfügbaren persönlichen Quellen entstand (Carpenter 1979).
2 Natürlich stellt schon die Auswahl bestimmter Ereignisse aus diesem fast 82 Jahre währenden Leben eine interpretatorische Steuerung dar. Das ist nicht zu vermeiden und ich kann nur versprechen, dass ich in dieser kleinen Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen usw. ….
3 Bei reinen Fakten wie Jahreszahlen, Namen, und allen ‘harten’ Lebenslaufdaten wie Bildung, Ausbildung und Beruf beziehe ich mich auf die Informationen, die in Carpenter 1979 gegeben werden.
4 „There is no special reference to England in the ‘Shire’ – except of course, that as an Englishman brought up in an ‘almost rural’ village of Warwickshire […] I Take my models like anyone else – from such life as I know“ (Carpenter 2000, Letter No. 180, 235).
„Such is modern life. Mordor in our midst“ Carpenter 2000, Letter No. 135, 165).
6 „He has a mind of metal and wheels; and he does not care for growing things“ (TT, 90).
7 Shippey weist in Author of the Century darauf hin, dass sich diese Überzeugung auch im wissenschaftlichen Werk Tolkiens findet. Er interpretiert das Gedicht The Homecoming of Beorthnoth Beorthelm´s Son (Tolkien 1975), das weniger ein lyrisches Erzeugnis als vielmehr einen Kommentar (Shippey spricht wörtlich von „essay-cum-poem“) auf das Gedichtfragment The Battle of Maldon darstellt, so, dass Tolkien damit den northern spirit als falsch ausweise (Shippey 2001, 294ff.). Im Battle of Maldon, einem 325 Zeilen umfassenden Fragment aus dem Jahre 991 n. Chr., wird die heldenhafte Schlacht einer Gruppe von Angelsachsen gegen eine überlegene Wikingertruppe beschrieben, die aus reinem Ehrgefühl eine strategisch hervorragende Stellung aufgeben, um dem Feind unter gleichen Voraussetzungen entgegentreten zu können – die Angelsachsen sterben alle. Diese Haltung, so Shippey, sei für Tolkien exakt die Haltung, die in modernen Zeiten in die Weltkriege geführt habe (296).
(Das Bild ist inspiriert vom letzten Foto Tolkiens, das ihn wenige Tage vor seinem Tod vor einem seiner Lieblingsbäume, einer Schwarzkiefer, zeigt.)

 

(Bochum 9/´05)