Neun Freunde und der Ring der Macht
Teil III

© Frank Weinreich


Der erste Teil ist hier zu finden, der zweite Teil liegt hier und der endete auf der Brücke von Moria….


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Ihr erinnert Euch?

Wir haben die neun Freunde auf ihrer Mission zur Vernichtung des Ringes vor einem Jahr in den Höhlen von Moria verlassen. Zwar war die Gruppe uneins gewesen, ob der Ring nach Gondor oder Mordor gebracht werden sollte. Gandalf und Boromir wollten ihn, wie Ihr sicher noch wisst, nach Gondor ins Fundbüro bringen, dessen Leiter Boromir war, während der Rest der Gruppe – Aragorn, die 4 Hobbits Frodo, Rosie, Pippin und Diamond sowie der Elb Legolas und die Zwergenkriegerin Martha – es vorzogen, Elronds Rat zu folgen und den Ring in den Feuern des Schicksalsberges zu vernichten zu suchen.

Doch in Moria hatte das Schicksal zugeschlagen und ein Balrog hatte Gandalf wegen des ordnungswidrigen Versuchs, den Caradhras, ohne Maut dafür zu zahlen, zu über- oder unterschreiten, verhaftet. Nur Frodo hatte gesehen, dass Gandalf zur Befragung in das Bürgerbüro von Moria geführt worden war.

Und hier beginnt der dritte Teil der Politisch Korrekten Fassung von J.R.R. Tolkiens für Kinder nicht geeignetem Meisterwerk Der Herr der Ringe…

I

Die verbleibenden Gefährten wandten sich auf Frodos Ruf hin um, doch es war zu spät und nichts mehr war von des Zauberers graugekleideter Gestalt zu sehen. Schon hatten sich hohe Flügeltüren in der Richtung geschlossen, in die Frodos zitternder Zeigefinger zagend zeigte. Und siehe, es war eine große Uhr, die über den Pforten angebracht war und ihr Zifferblatt zeigte auf die Zwölf.

Zwölf Uhr mittags …

an einem Freitag …

alle wussten, was das bedeutete …

Diese Türen würden für die nächsten 70 Stunden geschlossen bleiben!

Und keiner wusste dies besser als Boromir , war er doch selbst leitender Verwaltungsbeamter des Fundbüros von Gondor.

„Was sollen wir nur tun?“, fragte Rosie, den Blick auf den von Trauer übermannten Frodo gerichtet, „Können wir nicht warten?“

„Nein!“, kam die entschiedene Antwort sowohl von Boromir als auch von Aragorn und Martha, „Nein, denn wir dürfen uns nicht fast drei Tage am gleichen Ort aufhalten – unsere Entdeckung durch Saurons Schergen wäre unausweichlich.“

„Aber Gandalf wird …“, schluchzte da Frodo wieder.

„“Wehe! Ich fürchte wir können hier nicht länger bleiben“,sagte Aragorn, „Lebewohl, Gandalf, rief er, „Habe ich dir nicht gesagt: Hüte dich, wenn du die Tore Morias ohne ein gültiges Ticket durchschreitest? Wie wahr habe ich gesprochen!“

Mit gesenkten Häuptern machte sich die kleine Schar auf, die letzten Meter, die sie aus Moria hinausführen würden, zu beschreiten. Draußen blinzelten sie ins blendende Tageslicht, das von dem Schnee reflektiert wurde, in den unsere Helden erschöpft sanken. Sie erhoben sich und schauten sich um. Sie standen in einer schattigen Schlucht über der drei schneebedeckte Gipfel schimmerten: Celebdil, Fanuidhol und Caradhras. Ein letzter Blick auf die imposanten Gipfel und sie wollten sich gerade …

„Ja Grüaß Gott mitanand. Wollt´s Ia etwa auf´n Berg aufi?“

Acht Köpfe fuhren herum und sahen einen Menschen aus dem Gebüsch auf sie zu treten. Einen gar merkwürdigen Anblick bot der Mann, mittelgroß, kräftig gebaut, mit kurzen Lederhosen und einem Lodenjanker bekleidet, das Gesicht war unter einem wuchernden Bart kaum zu erkennen.

„Wer seid Ihr?“ heischte Boromir zu erfahren, den Schwertgriff schon fest umklammernd.

„Ich bin der Reinhold. Und eans kann ich euch soagn. Über dena Berg geht´s heuer nie nimmer drueber. Glaubt´s mir des, I versteh´ woas vom dena Beargstoagn.“

Sprach´s, wandte sich um und war verschwunden. Das war so schnell gegangen, dass die Acht nicht zu reagieren vermochten. Doch der Geheimnisvolle war schon weg, aus dem Gehölz hörte man nur noch die Warnung „Und passt bloß auf die Yetis auf!“, da war der kurze Spuk schon vorbei.

„Was war das?“, fragte Frodo, der ob der Überraschung glatt das Heulen vergaß.

„War das vielleicht ein Beorninger?“, fragte Aragorn.

Diese Frage sollte nicht beantwortet werden.

Nachdem sie sich auf einer der Hütten am Fuße des Gebirges an heißem Jagertee gelabt hatten ermahnte Aragorn zum Aufbruch. „Lasst uns in dieser dunklen Stunde nun nach Lothlórien zur Herrin des Waldes eilen. Wenn jemand Rat zu geben vermag, dann sie.“

II

Und schweren Herzens doch flinken Fußes machte die kleine Schar sich auf, das geheimnisvolle Waldkönigreich Lórien zu suchen. Sie liefen entlang eines schmalen, flink wispernden Flusses, der sich im goldenen Dunst des Tieflands verlor als Legolas sprach, „Dort, jenseits des Ufers des Nimrodel, dem wir nun folgen, liegen die Wälder von Lothlórien. Das ist der schönste aller Wohnsitze meines Volkes. Keine Bäume sind wie die Bäume jenes Landes. Denn im Herbst fallen ihre Blätter nicht ab, sondern färben sich golden.“

„Und nun müssen wir den Goldenen Wald betreten.“, warf Boromir ein, „Von jenem gefährlichen Lande haben wir in Gondor gehört, und es heißt, dass wenige herauskommen, die einmal hineingehen.“

„Ja, das sagt man unter dem Berge auch. Und lebt dort heute nicht eine Hexenkönigin, die einsam über den Wald herrscht?“, fragte Martha nicht ohne Sorge ob des geheimnisvollen Reiseziels.

„Wahrlich ohne Zahl sind die Geschichten, die sich um Lóriens schattig-goldene Hügel und Täler, um seine Auen und Bäche und den Liebreiz seiner Gehölze winden“, warf Aragorn nun ein, „und glaubt mir, denn mein Fuß wandelte auf diesem Boden schon manches Mal, dass wahrlich noch keines Mannes Herz vom Glanze der Blätter der Mellyrn unverwandelt gelassen wurde.“

„Aber …“ hub Boromir gerade an, doch was er einwenden wollte, blieb ungesagt denn eine scharfe Stimme ertönte.

„Daro!“, rief sie in befehlendem Ton und Legolas flüsterte eindringlich, „Steht still! Rührt euch nicht und redet nicht.“ Und aus dem Schatten der Bäume traten ein Elb und Mensch hervor. Der schlanke Elb war in schattiges Grau gekleidet, so dass man ihn vor den schummrigen Bäumen kaum zu erkennen vermochte. Der Mensch war untersetzt, mit rundem Gesicht und Schnurrbart. Er trug eine Hose aus blassblauem, unbekanntem Stoff und einen grünen Pullover.

„Willkommen“, sprach der Elb, „Mein Name ist Haldir. Wir haben Gerüchte gehört, dass Ihr kommt, denn die Boten von Elrond sind auf ihrem Heimweg über den Schattenbachsteig durch Lórien gekommen. Ihr fragt euch, wo Ihr hier seid und ob es gefährlich ist? Fürchtet euch nicht, denn nur Böse müssen das Land fürchten. Aber hört auf Christoph hier zu meiner Linken. Der Christoph wird euch alles sagen, was es über das Land der Galadrim zu wissen gibt.“

Und der Mensch sprach, „Hallo liebe Mausfans, Ihr fragt euch sicher, wo Ihr hier seid.“ Und, liebe Kinder, der Christoph erzählte so schön und verständlich über Land und Elben, dass die Bedenken der kleinen Schar schmolzen wie Schnee an der Sonne und sie beruhigt weiterzogen. Als sie aufbrachen stand Christoph noch lange auf einem Hügel und winkte ihnen nach. Rosie meinte, sie habe einen kleinen, blauen Elefanten zu seinen Füßen spielen sehen, doch erwähnte sie dies lieber nicht, konnte es sich doch nur um einen Streich handeln, den das Sonnenlicht und die Schatten ihr spielten.

Auch wenn der Weg über Berg und Tal und teilweise durch die Wipfel der Bäume beschwerlich war, so öffneten sich doch ob der Schönheit der Landschaft die bedrückten Herzen der acht Gefährten auf Ihrem Wege durch Lórien.

Doch es war Haldir, ihr Führer durch das Land der Elben, der die Acht an die Gefahren, die vor und hinter ihnen lagen, erinnerte als er des abends Aragorn unterrichtete, „Ich glaube jemand folgt uns und ich muss zu unserer Schande gestehen, dass es diesem Jemand gelingt, sich in unserem eigenen Land vor uns zu verbergen. Nur kurz sah ich etwas, das ich noch nie zuvor gesehen habe. Es war kein Ork. Es schien sehr vorsichtig zu sein und Erfahrung mit Bäumen und Bergen zu haben. Einzig ein großes Auge konnte ich hier und da erspähen bevor es wieder in den Schatten verschwand.“

Doch bis die Schar Cerin Amroth im Herzen des Landes erreichte, kam keinerlei Harm über sie. Und herzlich war die Begrüßung, die die Elben Lóriens ihnen dort bereiteten, so dass Rosie zu Frodo sagte, „Mir ist zumute als sei ich innerhalb eines Liedes, wenn Du weißt, was ich meine.“

Doch ein Schatten fiel über ihre Ankunft als die Rede von Gandalfs grausamem Schicksal die Runde gemacht hatte. Eine – für eine Elbin – sehr kleine und ziemlich dicke Frau hob zu einem Lied an, in das die anderen schnell einfielen, und einstimmig ertönte ein trauriger Gesang unter den Elben von Cerin Amroth, der die Herzen der Gefährten berührte. Martha fragte Legolas, „Aber was ist es, dass sie da singen. Es klingt so traurig und doch auch hoffnungsvoll.“

„Es ist ein altes elbisches Abschiedslied für Gandalf: »Niemals geht man so ganz, irgendwas von mir bleibt hier …«“

Trotzdem verbrachten die Gefährten im Anschluss eine erholsame und stärkende Zeit in Lothlórien, die ihnen Kraft für die kommenden Abenteuer zu schöpfen erlaubte.

Zu ihrem Abschied kamen Celeborn und Galadriel, der Herr und die Herrin von Lórien selbst, von Caras Galadon herab. „Wir sind gekommen, um euch ein letztes Lebewohl zu sagen. Passt auf euch auf, denn die Gefahr ist nahe und hat selbst unser Land anscheinend berührt. Unsere Späher berichten wiederholt vom Auftauchen eines unbekannten Wesens, von dem niemand mehr als ein Aufblitzen großer Ohren oder Augen zu sehen imstande war.“, so sprach Galadriel zu den Gefährten.

Und ihr Gemahl Celeborn rief die Acht vor aller Augen einzeln zu sich, um ihnen zum Abschied Geschenke zu überreichen. Die Gruppe wurde wahrlich reich mit Nützlichem versehen: GoreTex Umhänge, Kletterseile aus stärkstem Nylon, Powerriegel von besonders langer Haltbarkeit und natürlich mit 0% Fett. Frodo erhielt von Galadriel sogar eine brandneue LED-Taschenlampe. Da war die Freude groß, liebe Kinder. Nur Martha stand etwas abseits und beobachtete mit leuchtenden Augen den Elbenfürsten wie er mit seiner Frau die Geschenke verteilte.

Denn ein jeder der Gefährten bekam dann auch noch ein persönliches Geschenk. So erhielt beispielsweise Aragorn eine kunstvollst verzierte Scheide für sein Schwert (denn die hatte Elrond nicht mitgegeben als er Narsil neu schmieden ließ und des armen Aragorn linkes Bein war schon mit Schnittwunden übersät). Auch die anderen erhielten sorgsam ausgewählte Kleinodien (zum Beispiel Broschen, die so stabil gefertigt waren, dass sie sicherlich Jahrmillionen überstehen würden). Allein als es daran ging, ein Geschenk für Martha zu überreichen, bat Celeborn sie herbei und fragte: „Und welches Geschenk würde eine Zwergin von den Elben erbitten?“

„Keines Herr“, antwortete Martha bescheiden, „Für mich ist es genug, den Herrn der Galadrim gesehen und seine freundlichen Worte gehört zu haben.“

„Hört das all Ihr Elben“, rief Celeborn denen zu, die um ihn standen, „Niemand soll mehr sagen, dass Zwerge habgierig und unhöflich seien. Und runzel´ die Stirn nicht so, Galadriel.“ Zu Martha gewandt fuhr er fort, „Na komm schon, du wirst doch auch einen Wunsch haben. Schau mal, ich habe hier Autogrammkarten von mir – naaa?“

So ging denn auch Martha selig von dannen, das Foto an ihren Busen gedrückt.

Dann war es Zeit aufzubrechen. Es dauerte natürlich ein wenig, bis die Schlauchboote alle aufgepustet waren, dann aber ging es sofort los in Richtung auf die Raurosfälle, wo sich entscheiden sollte, welchen Weg die Gemeinschaft einschlagen würde: nach Gondor, wie es Boromirs Wunsch war oder nach Mordor, wohin es keinen zog, wohin aber die Notwendigkeit sie zu drängen schien …

III

Eilig spülte der Silberlauf die kleine Schar in den Anduin und auch der große Fluss schien sie mit Hast auf die Entscheidung zutreiben zu wollen. Noch war keine Gefahr zu erblicken und einzig Frodo und Rosie schien es so als ob ab und an im fernsten Kielwasser ihrer Boote ein großes Ohr oder ein leuchtendes Auge oder eine schlanke Hand, geklammert an einen vom Strom mitgerissenen Baumstamm, zu erblicken sei.

Und weiter ging´s. Alle wussten, dass es nun bald so weit sein würde, dass etwas passieren musste und dass etwas passieren würde. Manchem schien es, als ob er die drängenden Orktrommeln im schicksalhaften Moria wieder hören könne.

Zudem schien ihnen die Zeit davongelaufen zu sein. Diamond fiel es zuerst auf: „Es ist sehr seltsam“, sagte sie, „Der Mond ist derselbe im Auenland und in Wilderland, oder sollte es wenigstens sein. Aber entweder ist er aus dem Gang geraten, oder ich kann nicht mehr richtig rechnen. Es scheint mir jetzt als sei ein ganzer Monat vergangen und doch weiß ich, es waren nur drei Tage, die wir unter dem goldenen Blätterdach verbrachten. Man sollte denken, dass Zeit dort überhaupt nicht zählt.“

„Ach, Diamond, Du hast Dich wohl doch zu viel mit Pippin beschäftigt als das erklärt wurde. Der Christoph hat es doch gesagt: in Lórien vergeht die Zeit anders als hier draußen. Da läuft der kleine Zeiger schneller als der große Zeiger um das Zifferblatt.“

Diamond und Pippin erröteten und schwiegen …

Nach zehn Tagen und Nächten erreichte die Gruppe die Raurosfälle und fuhr an der Argonath vorbei.

„Schaut“, rief Aragorn, „die Argonath, die Säulen der Könige!“

Als die Gefährten in ihren Booten den Säulen entgegen getragen wurden, ragten sie wie Türme empor. Riesen schienen sie zu sein, die mit blinden Augen und dräuender Stirn nach Norden blickten. In ihren rechten Händen hielten sie eine Axt, in der linken eine rote Polizeikelle, die sagte »Stopp! Rechts ranfahren.« Von Ehrfurcht und Angst ergriffen senkten die Acht die Köpfe, besonders Pippin, der schon sechs Punkte auf seinem Verkehrssünderkonto hatte.

Doch geschwind war man an der Argonath vorbei und es wurde beschlossen, die Boote zunächst über die alte Nordtreppe an den Fuß des riesigen Kataraktes zu tragen und dann auf dem Anduin zu entscheiden, ob man denn nun nach Westen oder nach Osten abbiegen werde. Doch Boromir hatte mehr als nur eine Ahnung, dass er jetzt, da Gandalf nicht mehr bei ihnen war, auf nahezu verlorenem Posten stünde mit seinem Wunsch, den unheilvollen Ring nach Gondor zu bringen. Aragorn war zu dominant geworden und es war klar, dass Frodo dem Waldläufer folgen würde.

Sie rasteten auf der Wiese Parth Galen als es geschah …

Aragorn forderte Frodo auf: „Ich fürchte, die Bürde ist Dir auferlegt. Du bist der vom Rat bestimmte Träger. Deinen eigenen Weg kannst nur du allein wählen.“

Doch Frodo bat sich Bedenkzeit aus und ging fort, um unbeeinflusst in seinem Herzen nach dem richtigen Weg zu suchen. Nur Rosie fiel auf, dass Boromir zwischen den Bäumen am Fuße des Amon Hen verschwand und dass Pippin und Diamond sich auf der entgegengesetzten Seite gemeinsam ins Unterholz schlugen.

Frodo jedoch ging eine ganze Weile, bevor er sich schwer atmend auf einem kleinen Felsen niederließ. ‘Was soll ich nur tun?’ ging es ihm durch den ratlosen Kopf. Und ‘ Gandalf wollte, dass wir nach Gondor ins Fundbüro gehen’. Ein Seufzer entrang sich seinen Lippen und er dachte weiter ‘Aber das ist doch Quatsch, oder?’ Doch dann kam dem Hobbit eine rettende Idee: Er würde schnickschnackschnuck mit der rechten gegen die linke Hand spielen! Gewönne Rechts, ging er nach Gondor, gewönne Links, dann eben nicht. Und schnickschnackschnuck – Schere schneidet Papier – hatte Links gewonnen. Ob da das Unterbewusstsein vielleicht nachgeholfen hat, liebe Kinder?

Doch bevor Frodo erleichtert aufspringen konnte, stand auf einmal Boromir neben ihm und verlangte seine Aufmerksamkeit, „Auf ein Wort, Frodo. Ich möchte dir gern helfen“.

Doch Frodo wollte nun keine Hilfe mehr.

Doch Boromir bestand darauf, ‘zu helfen’ – und seine Augen leuchteten.

Doch Frodo wich aus.

Doch Boromir setzte nach.

Doch Frodo ängstigte sich nun sehr „Bitte geh!“.

Doch Boromir griff mit harter Hand nach dem Hobbit „Du Narr!! Ich bin zu stark für dich, Halbling!“.

Da setzte der Hobbit den Ring auf und verschwand. Boromir fiel auf die Stelle, wo Frodo gerade noch gestanden hatte. Die Schritte des Unsichtbaren im Laub nahm Boromir schon nicht mehr wahr, als er sich, plötzlich aus einem Wahn erwachend, über die Augen fuhr.

„Was habe ich gesagt? Was habe ich getan?“ rief der Gondorianer und die Stimme brach ihm schier, „Frodo! Frodo! Komm zurück! Mich überkam der Wahnsinn, aber jetzt ist es vorbei. Komm zurück!“

Ein raues Schluchzen entrang sich des Recken Brust und Tränen strömten aus seinen Augen. „Weh mir, weh mir. Ach Frodo, es ist alles meine Schuld. Aber ich kann es erklären! Ich hatte eine so glückliche Kindheit. Unbeschwert nahm ich mir all die Jahre was mir gefiel. Immer, wenn mein kleiner Bruder etwas geschenkt bekam, nahm ich es ihm weg. Und Papa hat nie deswegen mit mir geschimpft! Ich kann doch nichts dafür – aber jetzt habe ich es verstanden. Komm zurück, Frodo. Ich nehme nie mehr jemandem etwas weg.“

Boromir erhob sich wankend und stolperte ein paar Schritte zu einem Felsen. Unterhalb des Felsens lief gerade eine Schar Orks vorbei, die unterdessen Pippin und Diamond gefangen genommen hatten. Doch Boromir hatte nur einen kurzen Blick für die Orks und ihre Gefangenen übrig und murmelte in seinen Bart, „Ich nehme nie wieder jemandem etwas weg. Auch keinem Ork.“ Boromir sprach´s, wandte sich ab, ging in den Norden zurück und ward nie mehr gesehen.

Den Zurückgebliebenen Vier – Aragorn, Rosie, Legolas und Martha – wurde schnell klar, dass etwas völlig außer der Ordnung war. Aragorn, ganz der erfahrene Waldläufer, hatte das Gefühl, Schreie aus der Richtung gehört zu haben, in die Pippin und Diamond verschwunden waren und er wandte sich dorthin. Legolas und Martha folgten auf dem Fuße. Rosie jedoch ging in die Richtung, in die Frodo verschwunden war.

Frodo war indes auf den Amon Hen geflüchtet und sah sich dort in weitester Ferne dem Anblick der rauchenden Schlote Mordors ausgesetzt. Und plötzlich spürte er das Auge. Dummerweise bekam er ausgerechnet in diesem Augenblick den Ring nicht ab. Ihr kennt das sicher auch, oder? Da hat man mal den Ehering beim Sport aufgelassen und schon schwillt der Ringfinger ein bisschen an und man bekommt das blöde Ding zum Duschen nicht mehr ab. Man zieht und zerrt daran, aber der Ring will einfach nicht runter gehen. Und schon hört man diese mahnende Stimme des Partners im Kopf ‘Wahrlich, ich komme zu Dir!’ Und das einzige was man denken kann, ist, ‘Nimm ihn ab, nimm den Ring ab!’ Ja? Genau! Genau so ging es auch Frodo.

Und irgendwann ging der Ring ab und der Feind hatte ihn noch nicht entdeckt. Frodo aber wusste nun, dass er den Rest des Weges alleine würde gehen müssen. Sein Vertrauen hatte zu schweren Schaden genommen. Er lief zum Ufer, um sich eines der Boote zu nehmen. Dort jedoch stand schon Rosie und erwartete ihn. Jeder Versuch, die resolute Hobbitfrau zurück zu lassen, war eindeutig zum Scheitern verurteilt, das wusste Frodo. Also nahmen die beiden gemeinsam eines der Boote, ließen die Luft aus den anderen Schlauchbooten und paddelten in eine ungewisse Zukunft.

IV

Aragorn, Legolas und Martha hatten indes den Ort erreicht, an dem, nach den Spuren zu urteilen, die Orks Pippin und Diamond gefangen hatten. Aragorn untersuchte den Waldboden minutenlang mit Hilfe einer Lupe, richtete sich dann auf und wandte sich an Legolas. „Nun, mein Lieber Legolas, was schließen Sie aus dem Tatort?“

„Boah, ich hasse es,wenn er das macht“, sprach der Elb genervt zur Zwergin, „Aber er ist wirklich gut, in dem, was er da tut.“, musste Legolas auch zugeben.

„Nun, schauen wir einmal“, dozierte Aragorn, „Die Spuren zeigen uns: Pippin und Diamond haben diese kleine Lichtung hier aus Südsüdwest kommend um etwa 15:53 Uhr betreten. Sie sind gebückt aus dem Unterholz gekommen, sich bei den Händen haltend. Dann standen sie knappe drei Minuten hier, an diesem Fleck und unterhielten sich. Diamond zog Pippin 15: 59 Uhr dann hier links herüber. Pippin stolperte einmal. Dann noch einmal. Er fiel zusammen mit Diamond genau hier hin, was man am Moos klar ablesen kann. Dann hat er ihr den Umhang abgestreift. Sie sind hier herüber gerollt und sie hat seinen Umhang gelöst. Dann er ihre Weste geöffnet, .. dann hat sie …“

– Pause –

„Dann sind ein Dutzend Orks aus diesem Gebüsch gestürmt“, schloss Aragorn seinen Beweisvortrag erleichtert.

„Doch wo sind Frodo und Rosie?“, fragte Legolas.

„Und was sollen wir nun tun?“, fragte Martha.

„Ach, weh uns“, antwortete da Isildurs Erbe, „was wir auch tun, es könnte falsch sein. Doch scheint mir, dass das Schicksal uns den Ring mit Absicht nun entrissen hat. Keiner von uns kann mehr der Versuchung erliegen und das Schicksal des Ringträgers liegt nun ganz in seiner eigenen Hand. Ich aber sage, lasst uns das gestörte Schäferstündchen rächen und die beiden anderen Hobbits den Klauen der Orks entreißen. Wir werden eine Hetzjagd veranstalten, dass sie als ein Wunder betrachtet werden wird unter den drei Geschlechtern: Elben, Zwergen und Menschen.“

„Gut“, warf Legolas ein, „Lasst uns eilen, auch wenn ich wenig Hoffnung habe, denn der Vorsprung des üblen Gezüchts ist wohl kaum aufzuholen.“

„Urteile nicht vorschnell“, sprach da Aragorn, „noch mag das Wissen der Dúnedain für manche Überraschung sorgen.“

Mit diesen Worten öffnete Aragorn seinen Rucksack und entnahm ihm sechs merkwürdig geformte Stöcke und gab Zwerg und Elb je zwei davon, während er das letzte Paar für sich behielt.

„Was ist das?“, wünschte Martha zu wissen.

„Das, meine liebe Zwergin“, antwortete der Waldläufer, „das wird uns erlauben, die Orks zu überraschen. Von Altersher bewahrten die Dúnedain das Wissen des nördlichen Königreiches um das Überleben im Felde. Diese Stöcke ermöglichen uns viele Meilen mehr zu laufen, als es dem Menschen normalerweise möglich ist. Und Gesund ist es noch dazu: man nennt es Nordic Walking!“

In wenigen Augenblicken hatte Aragorn sie mit dem Gebrauch der Stöcke vertraut gemacht und die Gruppe brach mit gar erstaunlicher Geschwindigkeit auf.

Sie waren weniger als eine Stunde unterwegs als Hufgetrappel vor ihnen ertönte, und im gleichen Augenblick sahen sie dunkle Gestalten, die rasch von einer Furt heraufkamen. „Halt!“, rief Aragorn, „wer reitet dort?“

„Halbarad Dúnadan, Waldläufer des Nordens, bin ich“, kam die Antwort.

„Halbarad? Was willst du denn hier?“

„Bist du das Aragorn? Den Valar sei Dank, dass ich dich gefunden habe. Ich bringe dir Botschaft von Elrond: Die Tage sind kurz. Wenn du in Eile bist, gedenke der Pfade der Toten.“

„Natürlich sind wir in Eile. Aber Ihr seid zu früh, euer Auftritt kommt erst später“, wandte Aragorn ärgerlich ein.

„Oh“, machte Halbarad betreten.

„Also“, sagte Aragorn, „schleicht euch, ich kann euch jetzt noch nicht gebrauchen.“

„Oh“, sagte Halbarad noch einmal und … doch Aragorn hatte sich schon abgewandt, gefolgt von einem kopfschüttelnden Elb und einer ratlosen Zwergin.

Und weiter ging´s. Weder Rast noch Ruh, nicht am Tage und nicht in der Nacht gönnten sich die Helden und bald führte die wilde Jagd sie über die Hügel und durch die Senken der Gräser von Rohan. Und langsam aber sicher verringerte sich der Abstand zu den Orks vor des Waldläufers geübten Augen.

Drei Tage hatte die Verfolgungsjagd schon angedauert und selbst mit Hilfe der wundersamen Stöcke und der elbischen Powerriegel konnten die Helden sich kaum noch auf den Beinen halten als Aragorn plötzlich halten ließ. Er lauschte angespannt in den Morgen des vierten Tages.

„Reiter“, rief er, „viele Reiter. Doch etwas stimmt nicht. Lasst uns uns lieber schnell verstecken.“ Und so taten es die Drei geschwind.

Wenig später … doch halt! Was war das?

Die drei Gefährten verharrten in dem Gebüsch, in dem sie sich versteckt hatten. Aragorn saß geduckt in den Zweigen, und Legolas hielt Martha beschützend von hinten umfasst. Sie waren plötzlich unfähig, sich auch nur einen Millimeter vor oder zurück zu bewegen.

Zur selben Zeit seilten sich gerade Frodo und Rosie von der Bruchkante des Emyn Muil ab, als sie plötzlich – mitten in der Wand – nicht vor noch zurück konnten.

In eben diesen Augenblick rasteten viele Tagesreisen westlich von ihnen die Orks, die Pippin und Diamond gefangen genommen hatten. Die Orks waren erschöpft und unaufmerksam, so dass sie nicht bemerkten, dass Diamond sich ihrer Fesseln entledigt und Pippin befreit hatte. Just als die beiden sich davonschleichen wollten, merkten auch sie, dass keine Bewegung mehr möglich war.

Rosie war die erste, die die Lage erfasste. Plötzlich schallte ihre erboste Stimme aus meiner Textverarbeitung: „Hey, Erzähler, mach voran! Du kannst uns doch nicht hier in der Wand hängen lassen.“

Und Aragorn fiel ein: „Ja, Mensch mach schon, da kommt vielleicht Unheil auf uns zu.“

Und Diamond mäkelte: „Lass uns wenigstens bis zu dem Waldrand dort kommen. Du willst uns doch wohl nicht ein Jahr lang hier unter den Augen der Orks stehen lassen?“

Es tat mir furchtbar Leid – aber was sollte ich machen?

„Sorry Leute, ich muss jetzt aufhören. Thomas Fornet-Ponse, der Chefredakteur von Hither Shore meckert schon zu Recht, dass ich meinen Artikel noch nicht abgegeben habe, zwei meiner Autoren, warten darauf, dass ich ihre Bücher lektoriere und mein kleiner Sohn will jetzt sofort in den Zoo. Tut mir Leid, aber dafür lasse ich nächstes Jahr auch ein paar bessere Sachen passieren, okay?“

„Na gut“, hatte wenigstens Martha für meine Lage Verständnis, „Aber ich verlange, dass der Elb dann sofort als erstes seine Finger wieder von mir nimmt!“

ENDE DES DRITTEN TEILS

(Bochum 07/05)